Es sollte ein schöner und spannender Fußball-Nachmittag sein, aber es kam beim Kreisliga-Spitzenspiel zwischen dem SC Haßbergen und der SG Hoya ganz anders und hatte fast dramatische Züge. Dass Haßbergen mit 3:1 siegte und Hoya den Abstand zum neuen Spitzenreiter aus Haßbergen nicht verringern konnte, war absolut zweitrangig. Im Mittelpunkt stand eindeutig das Wohlergehen von Hoyas Raad Hamad-Haji, der ohne Bewusstsein in das Nienburger Krankenhaus kam. Dazu schreibt heute Kreiszeitungs-Sportredakteur Malte Rehnert unter der Überschrift "Aufatmen bei der SG Hoya" folgenden Artikel:
Das Posive gleich mal vorweg: Raad Hamad-Haji ist offenbar noch einigermaßen glimpflich davongekommen. Der Spieler des Fußball-Kreisligisten SG Hoya hatte am Sonntag beim 1:3 beim SC Haßbergen kurz vor der Pause das Knie eines Gegenspielers an den Hinterkopf bekommen - und musste mit einem Krankenwagen abtransportiert werden. Der 21-Jährige kam direkt auf die Intensivstation des Nienburger Krankenhauses, die er dann am Montagnachmittag wieder verlassen durfte und auf ein normales Zimmer verlegt wurde. "Ich habe mit Raad gesprochen. Er hat eine starke Gehirnerschütterung, aber bei den bisherigen Untersuchungen per CT und MRT ist sonst nichts Auffälliges festgestellt worden", erklärte sein Trainer Mario Hollunder, dem "ein Riesenstein vom Herzen" fiel.
Gleiches galt natürlich auch für die Hoyaer Teamkollegen, die am Sonntag noch alle ziemlich geschockt gewesen waren - allen voran Payman Alcheikh. "Als ich Raad dort in der stabilen Seitenlage liegen sah und er nicht ansprechbar war, hatte ich Gänsehaut, habe geweint und geschrien: "Raad, rede mit mir", berichtet der 28-Jährige eindringlich von "einem der schlimmsten Erlebnisse in meinem Leben". Bevor der Krankenwagen eintraf, kam Hamad-Haji noch mal kurz zu sich: "Er hat gesagt: ,Gewinnt das Spiel!'", erzählt Alcheikh. Die Hoyaer machten also weiter statt abzubrechen und verloren am Ende - doch das war zweitrangig.
Direkt nach der Partie machte sich Hollunder auf den Weg ins Krankenhaus. Alcheikh fuhr in die Wohnung seines Mitspielers und holte ein paar Sachen. "Als ich dann hörte, dass er auf der Intensivstation liegt, bin ich fast zusammengebrochen. Ich hatte richtige Angst, man stellt sich 1000 Fragen", schildert Alcheikh und fügt an: "Raad war am Sonntagabend sehr kaputt, als ich ihn besucht habe."
Der Syrer hat ein ganz inniges Verhältnis zu Hamad-Haji. Als dieser als 13-Jähriger alleine aus dem Irak nach Deutschland kam, habe sich Alcheikh besonders um ihn gekümmert und in die Familie aufgenommen. "Ich bin wie ein großer Bruder für ihn", sagt er: "Und ich habe seiner Familie versprochen, auf ihn aufzupassen. Ich trage quasi die Verantwortung für ihn."
Umso heftiger war die Situation am Sonntag - für alle Hoyaer. "Raad ist so ein liebevoller, netter Mensch, den wir alle beschützen", betont Hollunder. Einen Tag später folgte dann die - zumindest vorsichtige - Entwarnung. "Pure Freude" habe er verspürt, meint Alcheikh. Und er fand es "richtig toll", dass am Montag auch ein paar Haßberger, etwa Azad Ali, ins Krankenhaus kamen - "mit Blumen und Essen".
Wie lange Hamad-Haji den Hoyaern auf dem Fußballplatz fehlen wird, ist noch offen.
Soweit die Ereignisse vom Sonntag und der Bericht in der Kreiszeitung von heute. Die Vorkommnisse am Sonntag waren wegen des Schocks auch der Grund dafür, dass es den üblichen Spielbericht nicht gegeben hat. Für alle Statistiker hier nur noch der Hinweis, dass Siyar Houra einen weiteren Strafstoß zum Hoyaer 1:0 sicher verwandelt hat. Und noch die Aufstellung:
Cihan Gören - Jan-Berendt Boyer (63. Jan Al-Suleiman) - Raad Hamad-Haji (40. Timm Hormann), Siyar Houra, Heiwan Houra (74. Nico Kutter), Shwaish Slo, Hosan Houra, Mivan Houra, Marius Avram. Mattis Jüttner, Payman Alcheikh.
Und noch etwas Erfreuliches: Hakan Gören, Betreuer und Not-am-Mann-Kicker der SG-Fußballer, vollendet heute sein 30. Lebensjahr. Dazu herzliche Glückwünsche! |